Frank Sarodnick
Frank

Ich bin vor 20 Jahren von Berlin an den Niederrhein gezogen und teile mit dir meine Faszination für diese wundervolle Region.

Der Nordkanal, auch bekannt als Grand Canal du Nord, ist eines der faszinierendsten und zugleich ambitioniertesten Verkehrsbauprojekte des frühen 19. Jahrhunderts. Geplant war eine Schifffahrtsverbindung zwischen dem Rhein und der Maas. Der Nordkanal sollte das französische Kaiserreich unter Napoleon stärken und Antwerpen als strategischen Hafen fördern. 

Obwohl der Kanal nie fertiggestellt wurde, hinterließ er bedeutende Spuren in der Landschaft und Geschichte der Region zwischen dem Niederrhein und den Niederlanden.

Historischer Hintergrund und Planung

Die Idee des Nordkanals geht auf Napoleon Bonaparte zurück, der nach dem Frieden von Lunéville 1801 die Notwendigkeit sah, eine direkte Wasserstraße zu schaffen, die die Schelde, die Maas und den Rhein mit Antwerpen, seinerzeit der nördlichste französische Seehafen, verbindet.

Nordkanal mit Infotafel

Nordkanal bei Herongen

Grand Canal du Nord

Nordkanal / Grand Canal du Nord

Ziel war es, die niederländischen Häfen zu umgehen und England durch die sogenannte Kontinentalsperre zu isolieren.

Die Idee war so ehrgeizig wie kühn: Ein Kanal, der durch die gesamte Region führte und die Wirtschaft ankurbeln sollte.

Mit der Planung begann die französische Bauverwaltung im Jahr 1802, und bereits 1803 wurden erste Trassen untersucht. Napoleon selbst inspizierte 1804 mehrere der vorgeschlagenen Strecken.

Die Entscheidung Napoleons fiel 1806 auf eine Route von Grimlinghausen am Rhein über Neuss, Kaarst und Viersen, durch das Niers- und Nettetal, bis nach Venlo. 

Der Kanal sollte bis Antwerpen verlängert werden, um eine durchgehende Wasserstraße zu haben.

Geplant war der Kanal für Rheinschiffe mit bis zu 200 Tonnen Tragfähigkeit.

Der Bau des Nordkanals

Der Bau begann 1808, und innerhalb von zwei Jahren waren bereits 30 Kilometer des Kanals weitgehend fertiggestellt.

Trotz der enormen Anstrengungen und des Einsatzes zahlreicher Arbeitskräfte ging der Bau des Nordkanals nur langsam voran. Verschiedene Faktoren waren dafür ausschlaggebend:

  1. Logistische Probleme: Die Versorgung der Baustellen mit Material und die Koordination der Arbeiten über eine so große Distanz erwiesen sich als schwierig.
  2. Finanzielle Engpässe: Die anhaltenden Kriege Napoleons verschlangen enorme Summen. Das führte zu Finanzierungsproblemen..
  3. Technische Schwierigkeiten: Die Ingenieure trafen immer wieder auf unvorhergesehene Herausforderungen. Solch ein Großprojekt steckt immer voller Probleme und Schwierigkeiten. Das verzögerte den Baufortschritt immer wieder.
  4. Politische Veränderungen: Die sich ändernde politische Lage in Europa, insbesondere nach Napoleons Niederlage in Russland 1812, führte zu Unsicherheiten bezüglich der Zukunft des Projekts.

Schleuse Louisenburg

Die Kanalstrecke umfasste mehrere Schleusen, darunter die bedeutende Louisenschleuse bei Herongen. 

Diese Schleuse ist heute noch erhalten und zeugt von der hohen Baukunst jener Zeit. Sie ist aus Backsteinen mit Natursteinverblendungen errichtet und besitzt eine Kammerlänge von 65 Metern. 

Schleuse Louisenburg am Norkanal

Schleuse Louisenburg

Schleuse Louisenburg von innen

Innenansicht 

Die architektonischen Details und die fortschrittlichen Techniken, die beim Bau der Schleuse eingesetzt wurden, machen sie zu einem wertvollen Kulturgut.

Fun

Fact

Louisenburg wurde nach Napoleons zweiter Frau Maria Louise benannt.

An der Schleuse Louisenburg am Nordkanal
Schleuse mit Infotafel


Die Einstellung der Bauarbeiten

Die Einstellung der Arbeiten 1811 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Nordkanals. 

Ursprünglich war der Nordkanal als strategisch wichtiger Wasserweg konzipiert, um die Handelswege zu kontrollieren und die niederländischen Häfen zu umgehen. Nachdem die Niederlande 1810 in das französische Kaiserreich eingegliedert wurde, verlor das Projekt "Grand Canal du Nord" seine ursprüngliche Bedeutung.

Der Rhein stand den Franzosen nun wieder ungehindert zur Verfügung, womit die Notwendigkeit eines zusätzlichen Kanals entfiel.

Im Januar 1811 wurden die Bauarbeiten offiziell eingestellt.

Interessanterweise wurde ein Teilstück zwischen Neuss und Neersen noch bis 1850 für die Schifffahrt genutzt, bevor auch dieser Abschnitt schließlich stillgelegt wurde. 

Kulturelle und moderne Bedeutung

Heute wird der Nordkanal nicht mehr für die Schifffahrt genutzt, doch seine historischen Relikte wie die Louisenschleuse sind wertvolle Zeugen der Vergangenheit.

Die Schleuse ist ein eingetragenes Bodendenkmal und zieht sowohl Geschichtsinteressierte als auch Naturliebhaber an.

Entlang der ehemaligen Kanalstrecke sind heute grenzüberschreitende Fahrrad- und Wanderwege angelegt, die als "Fietsallee am Nordkanal" bekannt sind.

Diese Routen sind mit charakteristischen rot-weißen Stäben in der Landschaft markiert und bieten eine einzigartige Möglichkeit, die Region zu erkunden.

Markierung der Fietsallee

Markierung des Nordkanals auf Asphalt

Markierung der Fietsallee mit weiß roten Stelen

Markierung durch riesige "Speere"

Fazit

Der Nordkanal symbolisiert eine bedeutende Phase europäischer Geschichte und verdeutlicht die Ambitionen des napoleonischen Frankreichs.

Obwohl das Projekt nie vollendet wurde, bleibt es ein faszinierendes Beispiel für Ingenieurskunst und strategisches Denken.

Heute ist der Nordkanal ein kulturelles Erbe, das die Verbindung von Geschichte und Natur auf beeindruckende Weise erlebbar macht.

Er lädt dazu ein, den Niederrhein aus einer neuen Perspektive zu entdecken und die Geschichten zu erkunden, die sich entlang seiner stillen Wasserwege entfalten.

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