Frank Sarodnick
Frank

Ich bin vor 20 Jahren von Berlin an den Niederrhein gezogen und teile mit dir meine Faszination für diese wundervolle Region.

Genholter Hof

Von der Bankkauffrau zur preisgekrönten Hofbetreiberin – Christina Ingenrieths Geschichte ist alles andere als gewöhnlich.

Für die Podcastfolge öffnet sie die Türen zum bekannten Genholter Hof in Brüggen und gewährt mir exklusive Einblicke hinter die Kulissen eines modernen landwirtschaftlichen Familienbetriebs.

Genholter Hof Christina Ingenrieth

Besonders hat mich interessiert, wie eine junge Unternehmerin ihren Weg in einer traditionell geprägten Branche findet. Was bedeutet es eigentlich, einen etablierten Betrieb zu übernehmen und gleichzeitig neue Impulse zu setzen? Und welche Rolle spielen Digitalisierung, Social Media und Klimawandel für die Zukunft der regionalen Landwirtschaft?

Christina und ich sprechen nicht nur darüber, wie Spargel, Erdbeeren und sogar Süßkartoffeln auf den Teller kommen, sondern auch darüber, warum der sonntägliche Ruhetag trotz aller unternehmerischen Ambitionen eine unverrückbare Tradition bleibt.

Interview mit Christina Ingenrieth

Das Transkript der Folge ist so angepasst, dass es leichter lesbar ist. Die Überschriften dienen der besseren Übersicht.

Einleitung

Frank [00:00:06]:

Auf die heutige Folge des Niederrhein-Podcasts freue ich mich ganz besonders.

Ich bin heute hier auf dem Genholter Hof in Brüggen, mitten am Niederrhein. Der Genholter Hof ist in unserer Gegend hier sehr bekannt, unter anderem für Spargel, für Kartoffeln und für die Erdbeeren. Natürlich auch für viele Sachen mehr. Es gibt hier auch einen Hofladen und ein ganz toll besuchtes Bauernhofcafé. Soweit, so gut.

Interessant wird es ja eigentlich erst, wenn ich einen Blick hinter die Kulissen werfe. Weil ich das natürlich nicht alleine machen kann, habe ich mich heute mit der Inhaberin des Hofes zum Gespräch verabredet.

Sie ist gelernte Bankkauffrau, Anfang 30 und wurde 2024 Jungunternehmerin des Jahres.

Herzlich willkommen im Niederrhein-Podcast, liebe Christina Ingenrieth.

Christina [00:00:52]: Vielen Dank.

Frank [00:00:55]: Du hörst übrigens den Niederrhein-Podcast. Der Niederrhein-Podcast ist ein abwechslungsreicher Podcast für Leute, die neugierig sind. Neugierig, was der Niederrhein mit seinen Freizeitmöglichkeiten, Orten, Geschichten, Landschaften, Unternehmen und vor allen Dingen auch Menschen alles so zu bieten hat.

Ich bin Frank und vor 20 Jahren von Berlin nach Nettetal gezogen. Ich mache diesen Podcast, weil mich der Niederrhein fasziniert und in seinen Bann gezogen hat. Genau das möchte ich auch mit dir teilen.

Von der Bankkauffrau zur Hofbetreiberin

Frank [00:01:32]:

Liebe Christina, du hast ja eine mega spannende kleine Geschichte, wie du den Hof übernommen hast. Du kommst ja aus der Banken-Ecke. Wie kam es eigentlich dazu, dass du dann doch wieder in der Landwirtschaft gelandet bist?

Christina [00:01:36]:

Das ist tatsächlich eine relativ lange Geschichte.

Ich versuche sie ein bisschen kurz zu halten. Ich habe die Bankausbildung gemacht und auch rückblickend bereue ich es in keinem Fall.

Bankwesen ist natürlich immer etwas, was man gerade im kaufmännischen Bereich gebrauchen kann. Danach habe ich in Münster an der Fachhochschule Betriebswirtschaftslehre studiert, weil ich einfach gemerkt habe, kaufmännisch bin ich schon stark interessiert.

Während des Studiums habe ich natürlich auch schon überlegt: Was machst du denn jetzt mit diesem Studium? Wo willst du hin? Wo siehst du dich? Wo ich mich auch nicht gesehen habe, war auf diesem Platz hier. Das war nicht der klassische Weg. Wir haben, ich habe noch eine ältere Schwester, zusammen gesehen, dass unsere Eltern das mit Leib und Seele machen. Die lieben das, die leben das.

Aber sie haben verdammt wenig Zeit für sich, für Hobbys, für alles drum und dran. Als Kinder würde ich jetzt niemals sagen, dass wir zu wenig, dass sie wenig Zeit für uns hatten.

Vielleicht ein kleiner Einschub: Das ist auch mit einer der Gründe, warum wir außerhalb der Saison sonntags das Café geschlossen haben. Damals haben meine Eltern gesagt, wenn wir dieses Café anfangen, wollen wir trotzdem den Sonntag für die Familie halten.

Deshalb können wir nicht sagen, wir hatten keine Zeit, sie hatten keine Zeit für uns.

Dennoch, ja, in dem Alter, Anfang 20, sieht man sich eher bei den Freundinnen und Freunden und nicht in dieser kompletten Selbstständigkeit.

Ich habe dann aber während des Studiums ein Seminar belegt für Führung und Wandel. Ich hatte mich schon in der Richtung Personal gesehen, das hat mir recht Freude gemacht. Mit Menschen, würde ich behaupten, kann ich ganz gut. Das müsstest du jetzt vielleicht eher die Mitarbeiter fragen als mich. Daher habe ich für mich gefunden, dass dieser Bereich für mich passt.

In diesem Seminar haben wir mit einer Coaching-Dame ein Thema bearbeitet, was Persönlichkeitsentwicklung unter anderem anging, Achtsamkeit, wo möchte man hin, wie soll das Leben aussehen.

Christina [00:03:28]:2017 war das. Das ist in...

Frank [00:03:29]:...aller Munde und total...

Christina [00:03:32]:...en vogue.

Da sollten wir unsere Augen schließen. Wir sollten überlegen, so sehen wir uns in fünf Jahren. Dann haben wir das gemacht. Wir sollten das detailliert aufschreiben von Beginn, vom Aufstehen, wie der Alltag wirklich einen Tag lang aussieht.

Ich habe die Augen geschlossen, ich habe mich auf diesem Hof gesehen und ich habe erst gedacht, das kann jetzt nicht sein. Das ist jetzt hier auch nicht euer Ernst. Ich habe das dann hier runtergeschrieben und es war auch recht nah und realistisch. Es war nicht so, dass ich mir irgendwie vorgestellt habe, komplett andere Tätigkeiten hier zu machen, sondern das Grundgerüst stand schon.

Habe an dem Nachmittag erst mal meine Schwester angerufen, zu der ich einen guten Draht hab. Dann haben wir beide festgestellt, das ist keine Grundlage, um zu meinen Eltern zu rennen und zu sagen: Ich übernehme den Bums jetzt hier. Das ist jetzt meins.

Da auch im Hintergrund als Info: Unsere Eltern haben immer gesagt, ihr sollt das machen, was ihr gerne machen möchtet.

Es stand nie zur Debatte: Ihr müsst das machen, wir machen das hier für euch.

Sondern sie haben gesagt, wir haben uns 1999 dazu entschlossen und entweder ihr möchtet und wenn ihr das nicht möchtet, ist das auch vollkommen fein.

Wenn ihr Clown oder Ärztin oder was auch immer werden wollt, dann macht das, wo ihr glücklich seid.

Das hat, glaube ich, auch in dem ganzen Weg, rückblickend, ganz viel Druck rausgenommen. Es hat für mich auch die Möglichkeit gegeben, das ganz einfach mal offen zuzulassen, diesen Gedanken. Das habe ich mit meiner Schwester zusammen gemacht.

Weil wir mit der Landwirtschaftskammer eng zusammenarbeiten, was Beratung grundsätzlich angeht, sei es Marketing oder unternehmerische Entscheidungen, gibt es auch für Hofübernahmen solche Überlegungen. Die Beraterin, die Frau Takmin, haben wir dann zur Seite genommen und haben zu viert mit meiner Schwester gesessen und überlegt, was machen wir jetzt.

Sie hat sofort gesagt, okay, so eine Kehrtwende ist nicht etwas, wo man jetzt was aufbaut, sondern das muss sich erst mal fassen.

Mein Vater war zu dem Zeitpunkt, lass mich überlegen, 2023 habe ich übernommen, da war er 65 und im Jahr 2018 war er dann 58. Sie sagte: Wir sind jetzt 2017, noch mal drei Jahre bis 2020.

Bis dahin muss die Entscheidung fallen, ob du übernimmst oder nicht.

Dann hättet ihr noch mal 3 Jahre, bis dein Vater in die zweite Reihe gehen möchte, parallel zusammenzuarbeiten.

So haben wir es genauso gemacht.

Der fließende Übergang der Hofübernahme

Frank [00:05:59]:

Das ist ziemlich gut, wenn das parallel läuft und nicht so ruckartig. Es gibt ja auch Firmen, wo man dann sagt, es ist einfach aus Krankheitsgründen, muss es ruckartig passieren.

Dann hast du natürlich ein ganz anderes Problem. Aber so konntet ihr einen fließenden Übergang machen.

Christina [00:06:12]:

Das und das habe ich auch gebraucht. Ich glaube, wenn es sonst gekommen wäre nach dem Motto, du musst es jetzt morgen machen oder du musst es in der nächsten Woche entscheiden, dann hätte ich auch gesagt, nein, das geht nicht, das funktioniert halt nicht.

In diesen drei Jahren bis zur Entscheidung 2020 habe ich mich auch weiterentwickelt, habe mir ganz viele Betriebe angeguckt.

Natürlich habe ich für mich auch den Weg gefunden, wie kriege ich die Brücke zur Landwirtschaft.

Von der Ausbildung bin ich eben keine Landwirtin, aber das ist vollkommen in Ordnung.

Ich habe meinen Platz in dem Ehrenamt gefunden, dass ich auf dem Deutschen Bauernverband in dem Fachausschuss Unternehmerin aktiv bin. Da teile ich ein bisschen mein Wissen, meine Erfahrungen, weil ich eben auch jemanden als Vorbild suchte, der nicht klassisch den Weg von Anfang an gehen wollte als Unternehmerin.

Dann habe ich gesagt, ich finde jetzt auf Anhieb keine, aber das heißt ja nicht, dass ich nicht selbst eine sein kann. So ist es dann geworden. 2023 bin ich in die Führung gegangen. Jetzt sind wir hier.

Der Genholter Hof: Ein landwirtschaftlich-gastronomischer Betrieb

Frank [00:07:12]:

Sehr, sehr cool. Der Genholter Hof ist ja schon hier in der Gegend bekannt. Ich wohne in Nettetal, komme aus Berlin, aber wohne in Nettetal. Der Hof ist wirklich weit über die Grenzen von Brüggen hinaus bekannt.

Kannst du ein bisschen noch was zu dem Hof erzählen, dass die Leute, die jetzt einfach zuhören, vielleicht auch aus Berlin hoffentlich, sich mal vorstellen können, wie so ein Hof am Niederrhein ist und was das alles bedeutet.

Niederrheinische Produkte im Hofladen

Hofladen Genholter Hof

Hofladen Genholter Hof in Brüggen

Hofladen Genholter Hof

Christina [00:07:41]: 

Wir sind hier in der Burggemeinde Brüggen im Kreis Viersen am linken Niederrhein. Wir sind ein landwirtschaftlich-gastronomischer Betrieb. Also, wie du schon erzählt hast, bauen wir Spargel, Erdbeeren und Kartoffeln an. Übrigens auch Süßkartoffeln.

Wir haben ein Hofcafé, wo wir in der Spargel-Saison praktisch ein Saison-Restaurant machen, weil wir Donnerstag abends ein Spargelbuffet anbieten und Sonntag Mittag à la carte.

Wir haben drei Gästezimmer, also wenn du mit dem Fahrrad mal deine Berliner mitbringst und die hier übernachten sollen.

Dann haben wir noch ein Monteurhaus, wo wir Platz haben für Monteure. Im Hofladen gibt es Produkte direkt vom Markt.

Wir beliefern im Umkreis die Lebensmitteleinzelhändler mit unseren Produkten direkt frisch.

Das ist so ein bisschen unser täglich Tun.

Wir machen das natürlich nicht alleine. Meine Eltern sind auch immer noch da.

Mein Vater ist natürlich jetzt in der zweiten Reihe, aber wir nennen das hier so schön: Ich bin jetzt die Letztentscheiderin, aber diese letzte Entscheidung treffe ich nicht alleine. Auf dem Weg zur Entscheidung sind eben meine Eltern und auch meine Schwester, auch wenn sie in Berlin wohnt.

So sind wir in der Führungsebene aufgestellt. Wir haben zusätzlich im landwirtschaftlichen Bereich jemanden, der jetzt als Betriebsleiter im nächsten Jahr in Vollzeit anfängt. David macht gerade seinen Meister im Agrarbereich.

Dann haben wir natürlich meinen Verlobten, der ebenfalls Landwirt ist, der uns zur Seite steht.

Natürlich haben wir einen ganzen Teil an geringfügigen und in der Saison auch Saisonarbeitskräfte. In der Saison Spitzenzeit sind wir locker 40, 50 Personen.

Süßkartoffeln am Niederrhein - Ein Klimawandelthema

Frank [00:09:22]: 

Landwirtschaft geht nicht von alleine. Es wächst zwar von alleine, ja, also im Prinzip von alleine.

Christina [00:09:26]: Im besten Fall.

Frank [00:09:29]: 

Aber es braucht natürlich eine gewisse Pflege und natürlich auch eine Bewirtschaftung. Weißt du, was mich interessiert?

Du hattest gerade gesagt Süßkartoffel. Süßkartoffel ist ja eigentlich nicht typisch niederrheinisch.

Wie seid ihr zur Süßkartoffel gekommen? Interessiert mich jetzt tatsächlich.

Christina [00:09:43]:

Durch einen unserer Mitarbeiter. Den haben wir für uns begeistern können und er hatte selber die Begeisterung für Süßkartoffeln. Er hatte dann gesagt, eine Bedingung wäre, dass ich die hier weiter auch anbauen kann. Wir waren natürlich total offen. Ich sagte, ja klar, super gerne.

So ist es dann gekommen.

Es ist klassisches Klimawandelthema, weil jetzt die Temperaturen natürlich auch milder sind.

Es gibt natürlich Jahre wie letztes Jahr, das war dann wiederum nicht so gut für die Süßkartoffeln.

Aber wie du sagst, es ist jedes Jahr ein neues Jahr und wir müssen dann gucken, was wir mit der Natur da machen.

Es ist halt einfach spannend und auch für die Märkte, mit denen wir zusammenarbeiten, auch ein Produkt, was neu ist.

Es ist natürlich keine riesen Menge, die da drüber läuft, weil es doch dann wieder ein Nischenprodukt ist.

Es ist halt auch einfach schön zu sehen, dass solche Produkte, die sonst immer aus Amerika oder Kanada oder wo auch immer herkommen, dann auch von uns bedient werden können.

Frank [00:10:36]:

Genau, also Süßkartoffel kommt ja normalerweise von woanders, aber es ist eben wirklich schön, dass das jetzt auch hier bei uns schon quasi lokal ist. Wie du schon sagst, der Klimawandel schlägt ja bei uns hier auch ziemlich zu. Man sieht das ja auch am Grundwasser. Man sieht das an den Flüssen und Seen.

Deshalb finde ich das toll, dass einfach auch ein Produkt angebaut wird, was mit dem Klimawandel zurechtkommt und sich da auch irgendwo mit reinschiebt und halt auch eine Möglichkeit, der dann letztendlich für euch ist. Sehr cool.

Wenn du mal ein bisschen zurückschaust, so Richtung 2017, 18, 19, 20, hat sich ja auch mit Sicherheit bei euch ein paar Sachen herausgestellt, die eben auch neu waren.

Der Sprung in die Social Media Welt

Ich verfolge euch ja schon eine ganze Weile auch auf Instagram.

Ihr habt ja quasi den Sprung auch gemacht vom klassischen Hof hin zu dem Thema "ich mache mich bekannt in Social Media". Wie war das so für alle hier?

Christina [00:11:34]:

Social Media ist natürlich so ein großes Thema, wo meine Eltern immer gesagt haben, wir hören davon, dass man das nur dann gut machen kann, wenn man da viel Zeit für investiert.

Die hatten meine Eltern bekannterweise nicht.

Zumal sie auch die Sprache nicht sprachen. "Wir verstehen ja gar nicht, was die davon wollen. Bevor wir da irgendwas erzählen, was nachher nicht richtig ist, lassen wir es besser." Das war auch gut so.

Als ich dann angefangen habe, mit den Gedanken zu spielen, ich glaube, das war irgendwie 2018, 2019, habe ich mir eine Beratung für Social Media selber geholt.

Einfach um ein Gefühl dafür zu kriegen, was darf man, was darf man nicht, wie läuft das System überhaupt, wie laufen Algorithmen, da kannst du besser zu erzählen als ich.

Ich habe das dann, ich glaube, zwei Jahre wirklich auch gemacht und habe festgestellt, dass ist wahnsinnig viel Arbeit. Ich war so einem Scheideweg auch im Zuge der Übernahme. Wenn ich das mache, habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich gebe es ab und mache es professionell oder ich höre auf, weil ich es selber eben nicht schaffe.

Diesen Gedanken, den meine Eltern hatten, eben von wegen, dass sie das nicht schaffen und es zeitlich einfach zu viel in Anspruch nimmt, hatte ich ja dann auch.

Dafür kam dann auch durch diesen Fachausschuss, durch dieses nach vorne gehen, darüber berichten, wie ist eine Hofübernahme, wie kann sie laufen. Ich wollte eigentlich auch ein Beispiel sein, dass es nicht dieses "es muss der Erstgeborene sein, es muss der Junge sein. Da wird gar nicht gefragt. Es muss so gemacht werden, wie es immer war.

Eltern sind überhaupt nicht flexibel. Meistens ist das ja dann so, weil sie das selber von den vorherigen Eltern auch so erfahren haben. Es sind ja ganz viele auch emotionale Thematiken, die da mit berücksichtigt werden.

Frank [00:13:11]: Absolut, ja.

Christina [00:13:11]:

Da war für mich dann der Weg, okay, wenn ich das mache und darüber berichte, brauche ich jemanden an der Seite, der meine Sprache spricht und eben das auch versteht, was ich möchte.

Auch Thema Female Empowerment, Frauen in der Führung, das ist alles, was ja in den letzten Jahren ganz stark wird, aber eben noch ausbaufähig ist, wo ich mich auch sehe.

Da habe ich dann eine Unterstützerin gefunden, die glücklicherweise meine Sprache spricht, die mich versteht und die jetzt auch mit mir zusammen dieses Branding auch ein bisschen gefunden hat und Einheitlichkeit.

Also nicht übertrieben, dass wir für uns auch wissen: Wir machen da keinen Druck, dass wir fünfmal die Woche irgendwas posten müssen.

Andersrum ist sie aber mittlerweile auch so weit, dass sie, wenn sie Storys sieht, die zu unseren Thematiken passen, dass sie die dann einfach auch postet, ohne dass sie da großartig von mir eine Rückmeldung braucht. Sie weiß einfach genau, das passt jetzt zu uns und das würde Christina sowieso abnicken, also sparen wir uns die Zeit.

So ist der Weg dann gekommen. Ich habe eine eigene Kolumne in einer landwirtschaftlichen Zeitung alle vier Wochen, wo ich eben auch darüber berichte, wie es dann auch wirklich hinter den Kulissen ist.

Frank [00:14:17]: Habe ich gelesen, ja.

Christina [00:14:17]:

Ehrlich mal sage, dass es auch mal ziemlich semi gut laufen kann, aber ich immer daraus versuche irgendeinen positiven Aspekt zu ziehen. Das macht es irgendwie glaube ich nochmal auch abhebend von anderen Betrieben.

Die Bedeutung von Sichtbarkeit und Kommunikation

Frank [00:14:31]: 

Ja und ich finde das ist ja auch gerade der Schritt, weshalb wir hier heute sitzen. Letztendlich haben wir uns ja bei einem Meeting kennengelernt, was organisiert war von der IHK, glaube ich.

Wo es eben auch schon darum ging, wie knüpfe ich Kontakte, wie komme ich raus aus meinem eigentlichen Business.

Ich habe ja auch noch ein Kernbusiness, was sich ja gar nicht mit dem Podcast hier, mit dem Thema beschäftigt, sondern auch ganz was anderes.

Aber man muss herauskommen, man muss ja auch letztendlich in die Sichtbarkeit kommen. Die Social Media bieten euch natürlich eine gigantische Gelegenheit, auch wirklich weit über den Kreis hier heraus bekannt zu werden. Macht ihr toll.

Ich mag euren Insta-Kanal, das finde ich richtig klasse.

Ich glaube auch, dass das viele anzieht, wenn man eine kurze Erklärung kriegt, wenn man einen Blick hinter die Kulissen bekommt. Wenn man sieht, wie ein Produkt entsteht. Was das für Arbeit ist, die da drinsteckt.

Es ist nicht so, dass die Kartoffel aus der Erde kommt. Da ist schon ein bisschen was dahinter.

Oder der Spargel, der wächst zwar. Aber ich hab gesehen, als ich reingekommen bin, wie schon die Spargel-Schälmaschine dort läuft. Das muss man halt einfach wissen.

Viele Städter, so gerade meine Berliner Freunde, sind ja dann doch von dem Thema Landwirtschaft jetzt nicht wirklich betroffen, weil da ist erstmal nur Beton ringsherum und das Essen kommt aus dem Supermarkt oder wird geliefert.

Christina [00:15:50]:

Das ist so.

Soweit haben wir auch für uns immer gesagt, wir wollen in dem Moment ja auch niemandem einen Vorwurf machen, dass es so ist.

Die Menschen in der Stadt sind ja auch auf anderen Gebieten wahnsinnig gut ausgebildet und wo wir dann wiederum Nachhilfe bräuchten. Das ist das normalste der Welt.

Das ist auch ein bisschen unser Weg zu sagen, wir haben auch viele Jahre geschlafen in der Branche, zu berichten, was tun wir denn da eigentlich?

Das müssen wir jetzt nachholen, das müssen wir auf vorsichtige Art und Weise tun, dass wir eben auch jeden mitnehmen. Das auf, wie du sagst, wirklich niederschwelliges Erklären: Was tun wir da und wie aufwendig ist das, wie abhängig sind wir von diesem Wetter?

Was bedeutet das, wenn da jetzt eine Hagelschauer in eine volle Blüte bei Erdbeerfeldern reinkommt? Das hat wirtschaftlich eine Folge für uns. Das ist eben das, was uns so ein bisschen begleitet.

Frank [00:16:43]:

Ich finde das ist sehr wichtig, weil gerade diese kleinen Sachen sind ja so, dass die Leute das auch verstehen. Wenn du in der Stadt wohnst, da machst du dir um dein Essen nicht so primär einen Kopf. Das ist alles verfügbar und fertig.

Du kommst mit Landwirtschaft erst dann wieder in Verbindung, wenn entweder ein Preis explodiert für Butter oder für Eier. Oder aber wenn die Bauern mit ihren Traktoren die großen Zufahrtsstraßen nach Berlin blockieren und du denkst dir so, ja, toll, was ist das jetzt?

Aber eben so zu sehen, wie wirklich Landwirtschaft funktioniert, wie letztendlich auch riskant das Ganze ist, weil du hängst halt tatsächlich vom Wetter ab. Wenn das Wetter gut ist, hast du eine gute Ernte, wenn nicht, dann nicht.

Das finde ich ist wichtig, dass man das den Leuten einfach wirklich erklärt und auch in kleinen Schritten, weil die können es halt auch nicht wissen, woher auch, wie du schon sagst. Klar, wer in der Stadt wohnt, der weiß das nicht.

Deshalb finde ich es umso wichtiger, dass man auch so was einfach wirklich in die Breite zieht und den Leuten wirklich auch, ja, so wie heute hier im Podcast mal auf die Ohren eins gibt.

Wenn du heute das alles mal so anschaust, wo würdest du sagen, wo geht die Landwirtschaft, wo geht euer Betrieb hin in den nächsten drei, vier, fünf Jahren?

Wo sind so die Knackpunkte, wo du sagst, wie geht es mit dem Klimawandel, wie geht es mit der Familie, wie geht es mit den allgemeinen Bedingungen? Wo siehst du das alles?

Zukunftspläne und Ausblick

Christina [00:18:00]:

Es sind unterschiedliche Bereiche, die Hausaufgaben für uns ermöglichen. Ich finde, viele machen das immer ganz madig und sehen das relativ schwarz. Natürlich sind das Herausforderungen.

Aber für mich war immer klar, als meine Eltern angefangen haben, 1999 und Jahre davor, als sie nur Direktvermarktung hatten, da haben sie auch Entscheidungen getroffen, die nicht richtig waren. Da war auch die Außenwelt in manchen Jahren, wo man gedacht hat, wie soll das weitergehen?

Daher ist das erstmal etwas, so ist das, müssen wir akzeptieren. Da können wir in einigen Sachen gar keine wirkliche Einwirkung drauf nehmen. Wo wir Einwirkung drauf nehmen können, ist zum Beispiel das Thema geschützter Erdbeeranbau.

Das wäre die Situation, dass wir dann eben feststehende Tunnel ins Feld bauen, wo dann die Erdbeeren auf sogenannten Stellagen sind. Die sind dann relativ hoch, wo die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dann eben stehen, auch gesundheitstechnisch angenehm pflücken können. Man ist dann eben relativ von dem Wetter unabhängig.

Das ist dann zum einen etwas, was eine wahnsinnige Investition ist. Für unseren Betrieb ist das auch nicht etwas, was man mal eben macht, sondern etwas, was geplant werden sollte und auch wird. Das ist so die eine Sache.

Dann werden wir grundsätzlich natürlich auch immer wieder an unseren Produkten arbeiten, an dem Aussehen von Tüten oder etc. Noch mal schauen, ist es das Endprodukt oder können wir da noch was machen? Ganz stark in dem Austausch mit den Märkten zu sein. Was sagt der Kunde? Wie sind die Umsatzzahlen?

Der Landwirt oder die Landwirtin an sich ist natürlich auch ein ganz starker Unternehmer geworden.

Wir müssen als Landwirte oder wir möchten auch als Landwirte, als Unternehmer eben auf Augenhöhe mit den Märkten sein.

Daher ist es absolut wichtig, auch digital zu sein, Umsatzzahlen zu kennen, Kosten zu kennen. Das ist ein anderer Punkt, wo wir uns jetzt aufstellen.

Ich weiß nicht, ob du es draußen gesehen hast, seit letztem Jahr haben wir auch einen sogenannten Bürocontainer, wo meine Wenigkeit und die Unterstützung für das Rechnungswesen drin sitzt und eben der Betriebsleiter für die Landwirtschaft seinen Platz hat. Dort wollen wir alles bündeln, alle Ansprechpartner auf einer Ebene und auch alles auf Netzwerkbasis haben.

Das heißt, dass wenn irgendwelche Zugriffe von außen sein müssen, dass das eben auch digital ist, wenn Fragen von den Märkten sind, dass wir relativ schnell agieren können und eben langfristig dann auch alles komprimiert haben und Zahlen, Daten, Fakten mäßig nicht lang fackeln müssen. Wir wollen alles Mengen- und Zeiterfassungsmäßig auf einem Platz haben.

Das ist natürlich auch etwas, was man nicht auf einmal macht, weil da sind ganz viele Stränge, die irgendwie zusammenführen müssen. Sei es die IT, die dann einen wahnsinnigen Teil dazu beiträgt, aber eben auch Menschen, die dann auch mitgenommen werden müssen. Es wird nicht gesagt, so ist das jetzt und wir können euch nicht erklären, warum das so ist, sondern das ist unsere Art auch immer gewesen.

Mitarbeiter sind für uns nicht nur Mitarbeiter, sondern wir sind hier ein absoluter Familienbetrieb und da werden die von A bis Z mitgenommen. Natürlich wenn die Spargelsaison ist, ist es hier absolut wuselig und dann ist das Mitnehmen immer noch auf der Agenda, aber vielleicht nicht mehr ganz so einfach.

Aber es ist immer noch unser Ziel.

Und das ist eben auch das, was wir weiterhin fokussieren wollen. Natürlich auch weiterhin diese Öffentlichkeitsarbeit, die absolut wichtig ist, weiter zu erklären, was tun wir, warum tun wir das, wo ist unsere Stellung.

So bleiben wir erstmal grundsätzlich bei unseren Produkten. Es ist jetzt kein großartiges Produkt, wo ich mich jetzt aus dem Hut zaubern kann und sagen kann, das ist jetzt das, was wir am nächsten anfangen machen.

Durch diesen Prozess, den wir durchgemacht haben, also nicht im negativen Sinne, sondern tatsächlich ja positiv, dass ich jetzt innerhalb kürzester Zeit mich eigentlich ja doch umentschieden habe zu übernehmen, muss der Betrieb sich da eben auch drauf einstellen. Das dauert seine Zeit, und das wird jetzt diese drei bis fünf Jahre eben in Anspruch nehmen.

Wir freuen uns darauf, weil das eben auch viele schöne neue Dinge sind. Aber es ist ein langer Atem dafür.

Die Bedeutung der Digitalisierung und Lebensqualität

Frank [00:22:15]:

Ja, das glaube ich. Aber ich finde es schon spannend, dass du sagst, dass das Thema Digitalisierung bei euch total wichtig ist. Das ist ja auch, glaube ich, das, was dich auszeichnet, dass du sagen kannst, du hast den kaufmännischen Hintergrund, du verstehst diese Prozesse, du verstehst das Ganze.

Hat ja nicht jeder und nicht immer. Ich kenne halt auch Beispiele, wo man dann sagt, ja nee, das war schon immer so und wir lassen das auch so. Da wird es natürlich dann auch ab und zu schwierig, weil es dann einfach stehen bleibt und du siehst dann halt eine Stagnation.

Da sagt man einfach, okay, ihr hättet Potenzial, aber ihr müsst auch zulassen, dass ihr euch zusammen mit eurem Betrieb oder mit eurem Team verändert und auch in die Zukunft gehen wollt. Manche wollen das ja auch nicht, das gibt es ja auch. Ich kenne tatsächlich Beispiele, wo man dann sagt, so ja, ihr habt das Potenzial, aber wenn ihr nicht wollt, dann funktioniert es halt auch nicht.

Christina [00:23:05]:

Was mir im Nachgang auch noch mal kam, ist das Thema Lebensqualität. Wie eben schon angedeutet, meine Eltern - es ist ja tatsächlich durch diesen Sonntag, was ja heute eigentlich, mein Gott, das ist ja schon Achtsamkeit, was ihr da gemacht habt vor 26 Jahren jetzt.

Das ist auch das, was wir, insbesondere mein Verlobter und ich, der selber Landwirt ist, selber einen Betrieb übernehmen wird, beachten. Also wir sind da, was arbeitstechnisch angeht, voll ausgereizt.

Sodass wir, wenn wir wollten, wirklich die sieben Tage voll klaren könnten.

 Uns beiden ist da ganz wichtig und glücklicherweise auch jeweils unseren Eltern, dass es eben nicht das Ziel sein soll, dass nur weil wir jetzt zwei Betriebe haben und wir ja beide uns bewusst entschieden haben, dass es jetzt so ist und wir selber gucken müssen, wie es zurechtkommt.

Der Betrieb soll so aufgestellt wird, dass es eben möglich ist, auch mit Familie oder eben Freizeit zu gehen. Natürlich, klar, eine Spargel-Saison ist eine Spargel-Saison, machen wir uns nichts vor.

Da werde ich auch einen Teufel tun, meinen Mitarbeitern zu sagen, so, es ist jetzt hier 15 Uhr, ich lasse jetzt mal den Stift fallen, schönes Wetter, ich gehe jetzt mal ein bisschen Radfahren.

Das ist klar, aber außerhalb dieser zwölf Wochen gibt es noch einige Wochen mehr im Jahr.

Und wenn ich das Ganze noch ein paar Jahre machen will, muss ich hart auf mich aufpassen. Das geht nur, indem alle auch dieses Verständnis mittragen. Nicht nur, weil es mal eine eigene Meinung ist, weil dann würde es nicht so sein.

Frank [00:24:30]:

Absolut, absolut. Ja, da bin ich total d'accord.

Es ist wichtig, dass man auf sich achtet. Wie gesagt, ich war ja jetzt 14 Tage mit einer starken Erkältung auch ein bisschen ausgenockt. Man muss einfach auf sich achten, dass man die Kraft hat und dass man einfach auch wirklich die Ziele, die man hat, dann umsetzen kann. Es bringt nichts, wenn man sich so lange abackert, bis gar nichts mehr geht. Das ist so.

Liebe Christina, dann war das ein super tolles Gespräch. Ich danke dir ganz herzlich.

Wenn dir der Podcast gefällt und die Interviews, die ich hier so führe, dann lass mir doch gerne mal ein Abo da für den Podcast. Du findest natürlich alle Informationen zum Genholter Hof nochmal in den Show Notes.

Ich verlinke dort alles, die Webseite und auch das Instagram-Profil. Da kannst du einfach nochmal schauen, was denn hier so aktuell los ist.

Ich empfehle tatsächlich auch auf Insta unbedingt den Genholter Hof zu abonnieren, weil es dort natürlich auch immer wieder Aktionen gibt und auch leckere Hinweise auf leckeres Essen.

Das hatte ich nämlich heute wieder gerade bei euch in der Story gesehen. Christina, ganz herzlichen Dank für das tolle Interview. Hat mich sehr gefreut.

Christina [00:25:35]: Danke für die Einladung.

Frank [00:25:36]:

Damit geht natürlich am Ende, wie immer, noch ein kleiner Gruß an meine Berliner Freunde. Ich muss euch ja mal sagen, so frisch wie du das hier kriegst, das kriegst du in Berlin nicht, einfach weil ihr da zu lange Wege habt.

Wenn du mal hier bist, dann zeige ich dir den Genholter Hof, dann nehme ich dich hier mal richtig mit zum Essen und ich zeige dir auch wie Kartoffeln und Erdbeeren wachsen. Die wachsen nämlich richtig in der Erde, das siehst du dann hier auch. In diesem Sinne sage ich für heute Tschüss und bis zur nächsten Folge.

Christina Ingenrieth

Genholter Hof

Christina übernahm 2023 den Genholter Hof in Brüggen. Die gelernte Bankkauffrau und Betriebswirtin wurde 2024 zur Jungunternehmerin des Jahres gekürt. Ursprünglich strebte sie eine Karriere in der Personalwirtschaft an. Ein Seminar zur Persönlichkeitsentwicklung führte sie jedoch zurück in die Landwirtschaft.

Heute leitet sie den Familienbetrieb, der für Spargel, Erdbeeren und Kartoffeln bekannt ist. Der Hof umfasst einen Hofladen, ein Bauernhofcafé mit saisonalem Angebot und Gästezimmer. Christina setzt auf Modernisierung und Digitalisierung. Sie engagiert sich im Deutschen Bauernverband und schreibt eine Kolumne über das Leben als Jungunternehmerin.

Trotz des betrieblichen Wachstums ist ihr die Balance zwischen Beruf und Privatleben wichtig. Diese Tradition führt sie im Sinne ihrer Eltern fort.


Web: https://www.genholter-hof.de/

Insta: https://www.instagram.com/genholter_hof/

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